„Weihnachten
wird es in diesem Jahr nicht geben!“, fertig Punkt aus.
Nein,
dass kann sie nicht machen. Das wäre ein zu großer Schock für ihr
Kind. Aber was soll sie sagen? Soll sie ganz hart sein und die Ängste
schüren? Wessen Ängste? Sie hat doch selber panische Angst vor dem
was kommen wird. Das ausgerechnet jetzt.
„Es
gibt kleine Auffälligkeiten auf dem Bild. Wir werden zur Sicherheit
eine Biopsie durchführen. Aber machen sie sich keine Sorgen. Es ist
nur Routine.“, hatten sie gesagt.
„Leider
müssen wir noch ein paar Gewebeproben nehmen, aber es ist nur zur
Sicherheit. Also kein Grund zur Besorgnis.“, hatten sie beim
nächsten Mal gesagt.
„Ach
da wird nichts schlimmes sein, sonst hättest du die Ergebnisse schon
längst.“, hatte ihre Freundin gesagt und wollte mit den Worten
beruhigen.
Alle
haben ihr irgendetwas gesagt, aber am Ende muss sie da alleine durch.
Keiner hat ihr gesagt, wie man sich keine Sorgen machen soll, wenn
die Gefahr droht. Keiner hat ihr gesagt, wie sie mit der Angst leben
soll. Keiner hat ihr gesagt, was kommen könnte. Alle haben versucht
es runter zuspielen. Aber sie hat es gespürt. Ja, sie hat es
gewusst.
„Nur
wie sage ich es meinem Kind? Wie sage ich meinem Kind, das ich bald
nur noch eine Brust haben werde? Wie sage ich meinem Kind, das ich
Krebs habe? Wie sage ich ihm, das ich Weihnachten nicht bei ihm sein
kann? Das es nicht das Fest geben wird, wie er es kennt. Wie sage ich
meinem Kind, das die Ärzte nicht wissen, wie es wirklich um mich
steht? Wie sage ich meinem Kind, all diese ganzen Sachen, ohne dass
er Angst haben wird? Angst vor mir. Angst vor dem Leben. Angst vor
dem Krebs. Angst vor dem Sterben. Er musste schon oft miterleben, wie
Menschen sterben. Er hat so viele Ängste, da kann ich jetzt nicht
mehr sein. Ich muss ihn doch beschützen. Ich muss ihm Sicherheit
geben. Ich muss eine Mutter für ihn sein. Nur wie kann ich eine
Mutter sein, wenn ich diesen Kampf durchleben muss? Wie kann ich es
schaffen, für ihn ein ganz normales Leben zu gestalten, ohne dass er
etwas mitbekommt? Ich möchte, dass er eine wundervolle Adventszeit
verbringen kann. Ich möchte für ihn da sein. Ich möchte für ihn
die Geschenke unter den Weihnachtsbaum legen.
Aber
wie?
Ich
weiß es nicht.
Ich
weiß es nicht.“
Sie
ist so verzweifelt, weil sie Angst hat vor dem was kommen wird. Sie
möchte keinen Schmerz und Kummer bereiten. Sie weiß aber auch ganz
genau, das ihr Sohn etwas spürt. Das sie es nicht verheimlichen
kann. Sie kann nicht einfach den Kampf aufnehmen, ohne dass er davon
Bescheid weiß. Was wäre, wenn sie es nicht schafft? Wäre das nicht
viel schlimmer? Sie war immer sehr offen und ehrlich zu ihm. Die
schwierigsten Themen haben sie schon einmal besprochen. Also, wieso
sollte er das jetzt nicht auch verstehen? Vor allem, wie soll er
sonst verstehen, wenn sie lange im Krankenhaus ist? Wenn es ihr nicht
gut geht? Wenn sie zusammen keine Plätzchen backen können oder er
mit seinem Papa alleine unterm Weihnachtsbaum sitzt?
Alleine
der Gedanke daran, dass sie jedem Moment dieses schwere Gespräch
führen soll, lässt sie Schweißausbrüche bekommen.
Gleich
nach dem Mittagessen spricht sie mit ihm und erklärt ihm ganz genau
was los ist. Sie versucht es so genau und sachlich zu halten, wie es
nur geht. All seine Fragen versucht sie zu beantworten. Sie ist sehr
erstaunt darüber, wie erwachsen er mit dem Thema umgeht. Alleine
dieses Erleben, zwingt sie gegen die Tränen anzukämpfen. Nein, sie
möchte nicht vor ihm weinen. Sie weiß aber jetzt ganz genau das sie
diesen Kampf, egal wie, überleben wird und spürt dies tief in ihrem
Herzen, als der Kleine aufsteht, sie in den Arm nimmt und fest an
sich drückt, während er ihr ins Ohr flüstert.
„Das
wird ein ganz tolles Weihnachten. Es ist egal ob hier oder in der
Klinik. Wir werden Zusammensein.“
©
by Emma Wolff (25.09.2012)
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