Tod
und Geburt. Wenn ihr eines Bewusst wird, dann das dies noch näher
beieinander liegen, als sie vor ein paar Jahren noch glaubte. In dem
einen Moment bekommt sie die Nachricht, dass jemand gestorben ist und
im nächsten Augenblick, werden Freunde endlich Eltern und
präsentieren ihr das gerade geborene Kind. Freude und Trauer liegen
neben einander und je älter sie wird, desto mehr nimmt sie das wahr.
Nur mit dem Unterschied, das die Nachrichten von Verstorbenen immer
häufiger erreichen, oder ist es ihr vorher nur nicht so bewusst
aufgefallen?
Liegt
es am Alter?
Jedenfalls
gehen ihr die Todesanzeigen immer sehr nahe und es fällt ihr immer
schwerer sich über die Geburt zu freuen. Zumindest kann sie es nicht
so zeigen und teilen, wie sie es möchte. Natürlich freut sie sich
über dies neu begonnene Leben, allerdings die Trauer über den
Verlust von Menschen überwiegt so dermaßen, dass sie damit zu sehr
beschäftigt ist. Selbst auf die Frage, wieso es so ist, hat sie
schon lange eine Antwort gefunden. Es ist die Demut vor dem Leben und
das Wissen um die Vergänglichkeit des Lebens. Die Vergänglichkeit
der Zeit. Der Verfall des Daseins, ihres Seins. Jede dieser
Botschaften gehen ihr durch Mark und Bein. Sie wundert sich noch
nicht einmal mehr, warum alle in den letzten Monaten dieselbe oder
eine ähnliche Ursache hatten. Ebenso, wie es sie nicht mehr wundert,
dass die meisten von ihnen vorher Kerngesund waren. Und dennoch hat
ihr Herz einfach aufgehört zu schlagen. Sei sind alle einfach
entschlafen. Dadurch wurde ihr immer bewusster, das der Tod, vor
nichts und niemanden halt macht. Erst recht nicht vor dem Alter.
Das
macht ihr Angst und im ersten Moment lähmt es sie. Sie ist gelähmt,
von der Nachricht, denn sie wurden immer jünger. Der Tod hatte ihr
Alter erreicht, ebenso wie sie Angst davor hat, das sie das Leben
nicht wirklich genutzt hat. Hat sie es genutzt so wie es
vorhergesehen war, oder hat sie ihre Zeit in irgendwelchen Kämpfen
verschwendet, die ihr meist selber Leid zufügen. Hat sie den
Menschen und Wesen um sich herum auch die Liebe und Aufmerksamkeit
zuteil kommen lassen, die sie brauchen, oder ist sie einfach über
alles hinweg gegangen?
Heute
fragt sie sich diese Fragen nicht mehr. Nein, sie versucht jede
dieser Botschaften für sich zu nutzen und daraus mitzunehmen, was
sie kann. Wobei ihr immer mehr bewusst wird, wie kostbar und wie
wertvoll das Leben ist. Wie vergänglich und unberechenbar die Zeit
ist.
Jedes
Mal stellt sie sich dem Schmerz der Trauer und der Gehemmtheit, die
die Angst ihr initiiert. Sie will darin nicht vergehen. Sie will
leben. Sie will in der Angst nicht verharren, sondern die Zeit die
ihr noch bleibt nutzen, da sie nicht weiß, wie viel es noch sein
wird. Das Einzige was sie weiß ist, das sie auf viele Dinge keinen
Einfluss hat und alles seinen Grund hat. Sie ist in der Gewissheit,
dass in dem auch eine Aufgabe liegt. Sobald sie spürt, das sich
etwas ändert, das sie etwas Ändern muss, das sie auf ihrem Weg
abbiegen muss, dann nutzt sie die Möglichkeit, da die Zeit eben zu
knapp und das Leben zu wertvoll ist. Das ist das Einzige was sie hat
und das will sie nutzen.
Sie
will Liebe schenken und teilen. Sie möchte die Aufgaben die sie
finden, nehmen und nur ein erfülltes Leben führen. Sie besinnt sich
auf das Notwendigste und den Sinn in ihrem Leben. Am liebsten möchte
sie diese Erfahrungen an alle Menschen weitergeben. Nur das ist ihr
nicht gegeben. Was ist ihr gegeben? Sie kann einfach nur da sein und
kann versuchen zu helfen. Sie kann versuchen zu leben, in der
Hoffnung, dass es immer mehr Menschen erkennen. Das sie erkennen,
dass all ihre Ängste, geboren aus ihren Erfahrungen nur Gedanken und
Projektionen sind. Das diese sie hemmen kontinuierlich wahrhaft zu
leben und zu lieben. Das sie die Möglichkeiten des Lebens und der
Liebe einfach nutzen und nicht die Angst, die so genannte Vernunft
all das nimmt, was sie erfüllt.
Ja,
das weiterzugeben. Die Menschen mit Augenblicken zu erfreuen. Ihnen
Liebe zu schenken und die Aufgaben die sich in dem Moment des Lebens
stellen, zu nehmen. Die Zeit zu nutzen. Einfach, Hier und Jetzt zu
leben.
©
by Emma Wolff (25.09.2012)
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