Die
Zeit wirkt schnell. Für sie erscheint die Zeit einfach zu schnell. Alles,
selbst wesentliche und grundlegende Entscheidungen sollen, sofort getroffen
werden. Eine Kommunikation soll und muss überall gewährleistet sein und für die
wirklich wichtigen Dinge, die sozialen und zwischenmenschlichen Angelegenheiten
fehlt am Ende die Kraft. Ein Leben, wie sie es sich nicht wünscht. Sie möchte
sich diesem am liebsten voll und ganz entziehen, aber es ist vollkommen
unmöglich in ihrem Alltag.
Sie
sieht wie die Menschen immer mehr gestresst und gehetzt sind. Dem, was sie
eigentlich wollen, können sie nicht die Aufmerksamkeit schenken, die sie
eigentlich dafür geben wollen und bemerken bei all der Kommunikationsüberflut
gar nicht mehr, wie sehr sie sich voneinander entfernen und die Menschen sich
auch immer mehr in sich zurückziehen, weil sie für alles weitere keinen Antrieb
haben, es überhaupt noch zu erkennen. Sie sieht, wie die Menschen resignieren,
vor dem technologischen Fortschritt und sich dem ganzen Wahnsinn voll und ganz
ergeben, immer in der Hoffnung es würde jemand kommen und sie erlösen. Nichts
darf mehr einen Moment andauern. Alles muss auch sofort geschehen.
Die
Achtsamkeit, die damit verbunden ist, ist verloren gegangen, ebenso wie die
Liebe, die man bei allem was man tut verspüren sollte, einfach abhanden
gekommen ist. Zumindest spüren all ihre Lieben, das in ihrem Schaffen und Tun
nicht mehr. Die Traurigkeit und Lethargie hat in den letzten Monaten und Jahren
immer größere Kreise gezogen. Die kleinen Wunder des Lebens können nicht mehr
gesehen werden, denn die Angst hat sie zu sehr in den Bann der Schnelligkeit
gezogen.
Sie
wiederum hat für sich schon vor Jahren beschlossen, das sie diesem ganzen
Irrsinn nicht verfallen will und kann. Sie spürte sehr schnell, was tut ihr gut
und was nicht. Sie schaute wo braucht sie all diesen Fortschritt und wo kann
und muss sie darauf verzichten. Sie verteufelt all die Zeit nicht, denn es
macht sehr vieles auch einfacher, aber das Menschliche, das Persönliche zu all
ihren Lieben, das muss und möchte sie nicht auf diese Art und Weise leben, wie
all das, was sie in ihrem Alltag erleben muss. Sie spürt das sie etwas anders
machen muss, doch dann ist ihr auch gewiss, das sie die Menschen um sich herum
auch erreichen wird.
So
setzt sie sich auch an diesem Tag wieder einmal hin, packt ihr Briefpapier und
ihren Füllfederhalter aus und schreibt jedem Menschen den sie in ihrem Herzen
trägt einen Brief.
Sie
schreibt jedem, bei dem sie das Gefühl hat, dieser Mensch braucht einen ganz
besonderen Moment der Aufmerksamkeit und Liebe. Einen Augenblick, in dem sie
ganz bewusst, nur diesem Menschen, ein paar Gedanken aus ihr heraus schreibt,
damit er beim Empfangen dieser Zeilen das Gefühl bekommt, dass er durch die
Zeit die sie mit dem Schreiben des Briefes an ihn, eine Umarmung und einen
wärmenden Moment der Ruhe und der Liebe verschenkt, welches er verspürt, wenn
er den Brief liest oder wenn es ganz notwendig war, noch eine Weile in ihm
leben und ihn begleiten kann.
Es
ist nicht selten, dass sie keine Reaktion darauf bekommt. Jedoch, weiß sie
genau wie es den anderen geht, so dass sie nicht umhin kann, als dieses Ritual
weiterzuführen, da sie zum einen spürt, das all ihre Worte, Gedanken und Liebe
ankommt. Zugleich wie sie Kenntnis darüber hat, wie sehr dieses Gefühl
gebraucht wird, dass sie das Schreiben der Briefe so sehr erfüllt, das sie in
dem Moment unendlich bei sich, in ihrem Frieden und voll mit Liebe und Glück
ist.
© by Emma Wolff (6.1.2013)
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