Sonntag, 14. Oktober 2012

Geschichten des Lebens XXXVIII – Sonnenuntergang




Das Radio läuft und ist gerade so laut das es die Fahrgeräusche des Autos übertönt. Dennoch so leise, das sie sich ohne weitere Probleme unterhalten könnten. Jedoch, ist ihnen beiden jetzt lieber nach schweigen. Ihnen ist viel lieber danach, den Klängen zu lauschen, das Zusammensein und die Zeit zu genießen, ebenso wie die letzten Stunden im Grünen und die vielen Gespräche nachwirken zu lassen.

Eine starke Vertrautheit macht sich in ihr breit und sie genießt die Nähe zu ihm, auch wenn sie es nach all den Jahren nicht wirklich greifen kann. Sie möchte den aufkommenden Fragen nicht weiter nachgehen, da diese Augenblicke einfach zu schön sind. Sie sind einfach zum Leben da.

Es gibt keine Zufälle im Leben. Alles was geschieht hat einen Grund. Früher oder Später würde sie, so oder so, den Grund erfahren. Erst recht, wenn sie alles einfach so nimmt wie es ist. Dann bekommt sie die Antworten von ganz alleine, ohne eine eigentliche Frage gestellt zu haben. Es ist viel zu schön. Sie würde mit grübeln nur alles zerstören, dessen ist sie sich sicher. Gleichzeitig, haben die Gespräche sie sehr berührt und manches auch traurig gemacht.
Sie kann viele Menschen und das Leid welches sie sich zufügen, nur aus irgendwelchen egoistischen Intentionen heraus, einfach nicht nachvollziehen. Viele Handlungen und Reaktionen, viele Ängste, welche die Menschen mit und in sich tragen, kann sie dann auch sehr gut verstehen. Sie möchte diesen Menschen so gerne helfen, da sie in diesen Ängsten sonst verkümmern und irgendwie ein Dasein fristen. Es hat nichts mehr mit Leben und Lieben zu tun, sondern gleicht lediglich einem Funktionieren. 
Wie oft möchte sie die Welt besser machen, aber das geht nicht so wie sie es möchte. Es gibt sehr viele Grenzen, die sie kennen lernen musste. Dadurch aber auch all die Möglichkeiten die in ihr stecken. Alleine dieses Wissen erfüllt sie schon sehr mit Liebe. Sie braucht nur auf ihr Herz hören und schon sagt ihre Intuition sehr genau was sie machen kann, um zu Helfen oder einen winzigen Augenblick eines Lebens mit Liebe und Glück zu erfüllen. Jemanden ein offenes Ohr und Gedanken zu schenken oder mit ihm einfach schweigend einen Moment des Friedens teilen.
Frieden und Wärme, das ist es was er jetzt braucht.
Die gemeinsame Zeit die ihnen jetzt noch zur Verfügung steht ist am Vergehen. Wer weiß, wann sie sich nach dem Abschied wiedersehen werden. Sie trägt in sich zwar das Gefühl, das es nicht allzu lange hin sein wird, aber was weiß sie schon.
"Was weiß sie denn schon?", seufzt sie in Gedanken.
Egal ob Jahre oder nur ein paar Wochen oder Monate dazwischen liegen werden, sie möchte ihm noch einen Augenblick schenken, den er lange in sich tragen kann. Ein Augenblick, der ihm genau das gibt, was er jetzt braucht. Etwas, was in ihm weiter Leben kann und er in jeder schweren Zeit davon zehren kann.
Das Auto rollt weiter auf der Autobahn in die Stadt hinein und am Horizont ist zu erkennen, dass die Sonne untergehen möchte. Sofort weiß sie, was sie machen wird. Insgeheim schickt sie noch ein  Stoßgebet ins Universum, das es keinen Stau gibt und sie noch rechtzeitig ankommen werden, bevor die Sonne untergegangen ist. 
„Wenn wir angekommen sind, muss ich dir noch etwas zeigen. Das wird dir gefallen.“, dessen ist sie sich sicher.
Ganz verwundert schaut er sie an. „Was denn?“
„Das ist eine Überraschung.“, und sie lächelt in sich hinein.
Als sie ihr Ziel erreicht haben, bleibt er vor der Wohnungstüre stehen, doch sie läuft an ihm vorbei und weißt ihn an einfach mal mitzukommen. Er stutzt einen kleinen Moment, da eine Treppe höher nichts mehr kommt, jedoch hat er auch nichts dagegen und folgt ihr nach oben. Sie fordert ihn auf durch ein Fenster zu gehen. Sein Blick wird immer skeptischer, jedoch vertraut er ihr so sehr, das er es ohne weitere Worte macht. Da er ihren Blick sieht, weiß er, dass ihn etwas sehr Schönes erwarten wird. So steigt er durch das Fenster und steht auf dem Dach des Hauses.
Der Blick der ihm nun geboten wird, überwältigt ihn sehr. Sie können über die ganze Stadt schauen und er hätte niemals damit gerechnet so etwas mitten in der Stadt zu finden.

All die alten Häuser, die einen in den Straßenschluchten erschlagen wollen, wirken mit einem Mal so klein. Überall sind kleine grüne Oasen zu finden. Die Sonne steht tief am Horizont und hüllt alles in einen orange goldenen Schimmer. Kaum eine Wolke ist am Himmel zu sehen. Ein Ort zum verharren. Dem Himmel ein ganzes Stück näher sein. Ja, einfach nur sein.
Sie setzen sich auf einen Teil der Dachschräge und saugen all das in sich auf. „Diesen Augenblick wollte ich dir unbedingt noch mitgeben, bevor du wieder fahren musst.“, ist ihr einziger Kommentar, zu diesem ganzen.

Schweigend sitzen sie nun dicht beieinander, sehen der Sonne beim untergehen zu, genießen das Zusammensein, die Vertrautheit, die Nähe und den Augenblick, bis sie mit Einbruch der Nacht Abschiednehmen, jedoch nicht ohne das Wissen, das sie die Begegnung mit in den Alltag nehmen und das sie sich bald wiedersehen.

© by Emma Wolff (4.9.2012)






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