Sonntag, 28. Oktober 2012

Geschichten des Lebens XL – Einen kleinen Moment ausruhen




Einen kleinen Moment ausruhen. Einfach nur hier hinsetzen und nichts tun. Ja, das ist es, was ihm jetzt gut tun würde. Vor noch nicht allzu langer Zeit hätte er sich das nicht zugestanden. Zu sehr war er damit beschäftigt, Terminen hinterher zu jagen oder es anderen Menschen Recht zu machen. Immer mehr wird ihm jetzt bewusst, dass es nicht gut für ihn und seine Familie war. Alles blieb auf der Strecke. Alle mussten darunter leiden. Sie litten nicht, weil es ihnen schlecht ging. Ganz im Gegenteil, denn sie haben alles, was sich die meisten Menschen wünschen und das im Überfluss. Nein, sie litten wegen mangelnder Zeit. Jedoch noch viel mehr litten sie darunter, wie er sich für diese Illusion und für den Materialismus zu Grunde richtete. Nur wofür? Für ein Leben welches ihn nicht wirklich erfüllt. Er erkennt immer mehr, für wie viel Schönheit seine Augen einfach Blind waren. Er muss deutlich feststellen, dass das was ihn glücklich macht nicht zu kaufen ist. Das der wirklich wahre Luxus die Zeit, die Achtsamkeit für sich und seine Umwelt ist. Momente in denen er einfach sein kann, so wie jetzt in diesem Augenblick.
Er hätte sich niemals träumen lassen, alle seine Vorsätze über Bord zu werfen, um ein Leben zu führen, welches im Außen nur belächelt wird oder ganz und gar verachtet wird. Er macht nur noch Aufgaben die ihn erfüllen. Er hat Zeit und nimmt sich diesen Luxus des Lebens einfach heraus, denn er möchte nicht so enden wie viele andere Menschen, die er sehr geliebt hatte. Aber jetzt, wo sie nicht mehr da sind, muss er erkennen, dass sie ihr Leben nie wirklich gelebt haben. Sie sind stetig nur irgendwelchen Wunschbildern und Erwartungen hinterher gerannt. Am Ende aber, haben sie sich selbst zerstört. Alleine das pure Beobachten dessen, war für ihn unerträglich. Er konnte nicht umhin zu erkennen, dass er es allen gleich tat.
Sofort musste eine Veränderung her. Es war nicht einfach. Nicht nur, weil die Strukturen in der er sich befand zerbrachen, sondern auch das Ego sich sehr stark meldete und nach seiner Bestätigung suchte. Es rief erst einmal die ganzen existenziellen Ängste auf den Plan. Gleichzeitig traf er auch auf sehr viel Unverständnis in seiner Umwelt. Viele Menschen musste er ziehen lassen. Obgleich er es sich vor ein paar Wochen nicht hätte Träumen lassen, er fühlt sich jetzt besser so wie es ist. Er fühlt sich erleichtert und freier mit dem was er hat und vor allem, ohne Menschen die ihm sagen, was er alles besitzen müsste oder was er zu tun und zu lassen hatte. Ohne Menschen, die ihre Erwartungen auf ihn projizieren wollen.
Er ist so dankbar für all das was er hat. Die Menschen die ihn lieben und diesen Weg begleiten. Er ist noch dankbarer, für das Leben, welches er hat und jetzt nach und nach immer mehr lebt und genießt. Jeden Tag geht er ein Stück weiter. Jeden Tag kommt er immer mehr bei sich an. Fernab von den Illusionen. Ganz da, wo er ist, bei sich im Leben. Jeden Tag kann er aufs Neue erkennen, das es nichts gibt wovor er Angst haben muss, nur um zu Leben und von den Menschen umgeben zu sein, die er aus der Tiefe seines Herzens liebt. All diese bedingungslose Liebe die er bekommt und in sich verspürt, erscheint ihm das größte Geschenk des Lebens zu sein. Jeden Tag entkommt er immer mehr dem Leid und sieht die Aufgaben, die ihn umgeben. Die Aufgaben, die ihn erfüllen und genau das bringen was Notwendig ist für ihn und seine Lieben. Mehr braucht er nicht.
Genau deswegen, kann er sich jetzt auch auf diese Bank setzen, tief Luft holen, den Moment einfach auf sich wirken lassen und überwältigt sein, von der Vielfalt der Farben, die ihn umgibt. Die Farben der Natur und des Herbstes. Die Farben und die Schönheit der Vergänglichkeit des Lebens, die er in solch einer Intensität nie bewusst wahrgenommen hat. Er saugt es regelrecht in sich auf, all die Schönheit die er sieht und weiß, das sie in ihm noch lange bestehen wird. Ein Teil der Vergeht, weil es ein Ende hat und ihm zugleich noch genauer den Neubeginn aufweist und den Weg seines Lebens, den er gerne geht, da er genau spürt, das er jetzt nach vielen Irrwegen auf den rechten Wegen ist und sie einfach nur weitergehen muss.
Er spürt das noch sehr viel Schönes unbekanntes ihn erwarten wird. Das es auch hier Hindernisse geben wird, aber er liebt so sehr, das er einfach nur gehen und leben will. Fortan, ganz bei sich, in diesem Frieden, ohne eine Suche, einfach Leben.

© by Emma Wolff (24.09.2012)



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