Sonntag, 16. September 2012

Geschichten des Lebens XXXIII - Fünf Minuten




Ein schwüler heißer Frühsommertag neigt sich seinem Ende entgegen. Die Hitze der Stadt scheint sich nicht legen zu wollen. Nur in die Dachgeschosswohnung kann ab und zu ein warmer Windhauch gelangen. Alle Fenster sind geöffnet. Das Licht, welches von draußen herein fällt, schimmert golden von der sich zum untergehen bereit machenden Sonne.
Immer wieder fällt ihr Blick über die Dächer der Stadt und sie freut sich auf die Abkühlung, die in ihrer Hoffnung die Nacht mit sich bringen wird. Ein lieblich süßer Duft liegt im Raum. Der Anblick der dunkelroten Erdbeeren in Verbindung mit all den wundervollen Gerüchen in ihrer Küche, lässt all ihre Sinne in Vorfreude auf das Essen beflügeln. Sie fühlt sich wie in einem Glücksrausch. Hin und wieder durchfährt ihren Bauch ein Kribbeln. Sie verspürt die kleinen feinen Bewegungen in ihrem Leib, die sie ganz und gar mit Liebe erfüllen. Immer wieder unterbricht sie ihre Arbeit, legt behutsam die Hände auf ihren Bauch und möchte so schon Kontakt mit dem ungeborenen Kind aufnehmen, welches sie gerade in sich trägt. Zu gerne möchte sie sich all dem Ganzen einfach nur so hingeben. Jedoch so richtig scheint ihr das nicht zu gelingen. Ihre Gedanken kreisen dafür in zu verschiedenen Bahnen.
Was wird die Zukunft ihr bringen? Wie soll alles werden? Angst und Zweifel machen sich immer wieder in ihr breit. Sie weiß, dass sie etwas ändern muss. Jedoch sie weiß nicht, wie es in der Realität funktionieren soll. Zu unheimlich wird das Leben, welches sie umgibt. Auf der einen Seite freut sie sich unendlich auf das Kind. Aber auf der anderen? Wenn sie alles ganz nüchtern betrachtet, so stimmt rein gar nichts. Zu unberechenbar ist alles geworden. Zumindest erscheint ihr das so. Oder sollte das Leben einfach so sein?
Wie sollte das Leben denn sein? Stellt sie einfach nur zu viele Ansprüche an sich und das Leben? Sie möchte einfach nur das ihr Kind in Frieden und Harmonie aufwächst und ohne Angst und Gewalt. Es ist, als wenn sie vor einer Mauer steht und keine Antworten finden kann.
Kompromisse!
Sollte sie mehr Kompromisse eingehen? Doch alles was sie macht und tut empfindet sie als einen großen Kompromiss. Ein Kompromiss bestehend aus ganz vielen kleinen Kompromissen.
Alternativen?
In regelmäßigen Abständen suchte sie schon nach Alternativen. Gibt es jene überhaupt?  Egal wie sie es dreht und wendet, jede Variante, jede auch nur gedachte und durchgespielte Entscheidung würde schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen. Sie schüttelt für sich abermals den Kopf in ihrem Zwiegespräch der Gedanken.
Nein. Für sie steht fest, dass es so nicht weiter gehen kann. Auch wenn sie das „Wie“ in diesem Augenblick noch nicht erkennen kann, so ist sie sich sicher, dass sich das auch noch finden wird. Jetzt möchte sie sich lieber wieder auf das Essen und die wunderbar duftenden Erdbeeren freuen und den begonnenen Abend in Ruhe genießen, verweilend in der Hoffnung, das die Nacht etwas Abkühlung bringt.
Aus dem Nebenraum sind leise Geräusche zu vernehmen. Sie ist nicht alleine zu Hause. Ihre Schwiegermutter ist im Wohnzimmer und schaut TV. Natürlich würde sie sich gerne etwas unterhalten, aber solange sie in der Küche zu tun hat, wird dies nur ein Wunsch bleiben. Dementsprechend gibt sie sich dieser Illusion gar nicht erst hin und macht weiter ihre Dinge.
In welch einem Zustand wird er wohl wieder sein, wenn er nach Hause kommt. Es ist schon relativ spät und er müsste jeden Moment ankommen. Die Angst und das Unbehagen breiten sich wieder in ihr aus. Schwermütig, ohne die vorherige Leichtigkeit und Freude, holt sie tief Luft und setzt sich erschöpft auf einen Stuhl. Sie fühlt sich mit einem Mal so müde und ausgezehrt.
Sie streichelt sich über den Bauch und spürt das Kind, welches in ihr heranwächst. Sie hat sich noch niemals zuvor so sehr als Frau gefühlt, wie in der Zeit der Schwangerschaft. In dem Zeitraum, in dem neues Leben in ihr heranwächst und sie etwas erleben darf, was nur Frauen vorbehalten ist. Es ist für sie schwer so etwas in Worte zu fassen, also gibt sie sich dem Gefühl hin und lebt es auch voll und ganz aus, soweit es ihr der Moment zulässt.

Mit einem Mal hört sie ein lautes Poltern und Knallen im Flur.....


Fortsetzung folgt....


© by Emma Wolff (30.12.2011)




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