Sonntag, 22. Juli 2012

Geschichten aus dem Leben XXVI – Kunst malen




„Mama ich darf ich malen?“ fragt der Kleine aufgeregt seine Mutter.
„Ja natürlich darfst du malen.“ antwortet sie verwundert, weil sie nicht gewohnt ist, dass sie gefragt wird, bevor er solch eine Aktivität beginnt.
„Ich brauche aber richtig gute Farben und auch eine Leinwand.“, meint er weiter.
Sie ist noch verdutzter und möchte dem auf den Grund gehen, deswegen fragt einfach nach. „Wozu brauchst du denn diese ganzen Sachen? Du hast doch Farben und Papier in deiner Bastelkiste?“
„Das ist aber nicht das Richtige. Ich möchte heute Kunst malen und dafür brauche ich richtig gute Sachen.“
„Aha, Kunst möchtest du malen.“, sie muss schmunzeln.
„Ja Kunst. Ich möchte nicht nur Bilder malen, sondern Kunst. So etwas wie auch manchmal in der Galerie hängt, an der wir immer vorbei gehen.“ antwortet er in ganzem Ernst.
„Deine Bilder zählen doch auch unter Kunst.“, stellt sie in den Raum.
„Nein Mama das ist keine Kunst. Das sind Bilder auf denen man genau sieht, was gemalt wurde. Richtige Kunst ist Krigelakrack. Man kann nicht sofort erkennen was gemalt wurde und man kann so schön die Phantasie spielen lassen. Bei normalen Bildern, kann man das nicht, da man ja sieht was es ist.“
'Das ist ja mal eine klare Ansage', denkt sie sich. „Da haben wir aber ein kleines Problem. Andere Sachen zum Malen habe ich jetzt nicht da. Aber meinst du nicht, dass du deine erste Kunst nicht auch mit deinen Wasserfarben und auf Papier machen kannst? Für alles andere müssen wir erst einkaufen gehen und du könntest dann nicht sofort malen.“
Einen kleinen Moment schaut der Kleine auf den Boden, als wäre seine Mutter nicht mehr vorhanden, ebenso wie auch die Antwort lange auf sich warten lässt.
Geduldig wartet sie ab und sieht genau wie es in dem Kleinen arbeitet und mit einem Male schaut er auf, spricht ganz kurz „OK.“ und verlässt den Raum.
Er sucht sich aus seinen Kisten alles was er jetzt braucht und lässt den Pinsel und die Farben einfach über das Papier gleiten. Er malt, streicht, spritzt und wenn ein Blatt voll ist, dann nimmt er sich das nächste, bis dieses auch über und über mit Farbe ist und ganz nach seinen Vorstellungen fertig erscheint. Er verliert sich vollkommen in dem was er tut und irgendwann hört er nur noch wie seine Mutter hereinkommt und einen kleinen fast unterdrückten Schrei von sich gibt.
Ohne es zu merken hat er all seine Wände, Möbel und den Fußboden mit bemalt, aber das interessiert ihn nicht weiter. Viel lieber möchte er seiner Mutter seine Kunst zeigen.
„Irgendwann, werde ich meine Bilder auch in eine Galerie hängen und dann werden wir reich.“ Meint er ganz stolz, während er auf die Blätter zeigt, die im ganzen Raum verstreut liegen. Seine Mutter kann ihm gerade gar nicht weiter böse sein, da das Strahlen in seinen Augen so groß ist, die Bilder diese Freude so sehr widerspiegeln, das die Farbe die im ganzen Zimmer verteilt ist, das kleinste Übel ist. Also nimmt sie ihn in den Arm und sie teilen sein Glück und während sie versucht den Schaden wieder zu beheben, überfällt ihn ein Redeschwall der Inspiration und erzählt ihr die Bilder und ihre Entstehung bis ins kleinste Detail. Es ist eben seine Kunst und er möchte das seine Mutter sie versteht und lesen lernt.
„Mama, Kunst malen macht Spaß, aber ab und zu werde ich auch wieder normale Bilder malen.“
beendet er seinen Monolog und seinen Tag.


© by Emma Wolff (01.07.2012)



3 Kommentare:

  1. Der Kleine hat's erfasst...smile

    Gruss,Ulrika

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    1. Das denke ich auch, liebste Ulrika.
      Ganz viele liebe Grüße zu dir... ;)

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  2. Ich habe den Kleinen fast vor mir gesehen, während er überlegte ob er mit seinen normalen Stiften auch Kunst malen kann. Ein riesen LOb!!! Einfach toll!!!

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