Sonntag, 1. April 2012

Geschichten des Lebens X – Ein Ort voll Frieden




Es  scheint wie eine schwere Last auf seinen Schultern, auf seinem Gemüt zu liegen, alleine bei dem Gedanken, das es Orte geben soll, an denen alles vereint ist und damit auch das Leben vorüber sein soll. Ein Gedanke den er nicht an sich heran lassen kann. Er möchte sich nicht vorstellen, wie es ist, wenn dieses Leben zu Ende gegangen ist. Alles, was er damit verbindet ist der Schmerz und der Kummer des Loslassens und des Verlustes. Der Verlust geliebter Menschen. Ebenso, erscheint es ihm aber auch, ein Ort von Leid, Krankheit und Gewalt zu sein, alleine wenn er überlegt, wieso die Menschen wohl jetzt dort begraben liegen.
So dreht er immer seine Runden, auf den Wegen des Lebens, immer mit dem unbewussten Vorsatz, den Tod und alles was damit zu tun hat, mit einem großen Bogen zu umgehen. Alles verselbständigt sich so sehr, das auch seine Achtsamkeit um dieses Bestreben nachlässt und er vor einem großen Tor steht. Er ist es gewohnt, nicht zurück zugehen. Nur, wenn er jetzt vorwärts geht, dann muss er über einen Friedhof gehen. Eine ganze Weile bleibt er stehen, hadert mit sich und der Entscheidung, die eigentlich schon mit eintreffen an diesem Ort gefallen ist.
Die ersten Schritte wagt er nur zaghaft voran und ein beklemmendes Gefühl umschließt seine Brust. Er traut sich kaum nach rechts und links, geschweige denn gerade aus zu schauen. Sein Blick ist die ersten Meter einfach nur auf seine Füße gerichtet und jeder weitere Gedanke macht es ihm fast unerträglich in dieser gegenwärtigen Situation. Zu sehr ist er gefangen in dieser Angst und seiner grauenvollen Illusion vom Sterben. Abermals bleibt er einen Moment stehen, zu sehr verspürt er in sich, das er etwas ändern muss, zu stark ist das Gefühl, das es ihn sonst fast zerreist. Er möchte sich diesem Schmerz und dieser Trauer, die in ihm aufzukeimen beginnt, nicht einfach hingeben. Es sind nur Gedanken und Vorstellungen. Ist es doch nichts was wirklich ist.
Vorsichtig wagt er jetzt Blicke auf die Grabsteine. Alle liegen oder stehen sorgfältig und gepflegt vor sich hin, ebenso wie sie mehr oder weniger mit wundervollen Blumen und Grün umwachsen sind. Alles was er sieht ist eine Ruhe. Auf manchen der Steine stehen Figuren und auf wieder anderen steht, in schönen Schriften, etwas über diesen Menschen der dort begraben wurde. Nach und nach wird er neugierig, bis er sich nach einer Weile auf einer Bank niederlässt. Er atmet mehrmals ganz tief ein und aus.
‚Das Schlimmste, was der Tod mit sich bringt, ist das Leid, welches der Mensch hinterlässt, der Schmerz des Loslassens, aber an sich ist das Sterben nichts, wovor man Angst haben muss.’
Seine Gedanken werden immer ruhiger. Er sitzt auf einem Hügel und schaut auf all das, was sein Blick, in jedem einzelnem Augenblick aufnehmen kann. Immer mehr verspürt er in sich, wie Ruhe aufsteigt und die Angst immer weniger wird. Eine wohlige Wärme macht sich in ihm breit und immer mehr nimmt er ein Gefühl der Leichtigkeit in sich wahr. Als würde ihm diese so unsagbar große Last der Angst genommen werden und ein tiefer Frieden macht sich breit. Er sieht die Steine als Symbol des Todes und zum Gedenken der Menschen. Gleichzeitig, sieht er wie alles, was dieses Ganze umgibt, zu neuem Leben erwacht. Er kann jetzt, wo er sich all dem hingibt, nicht nur sehen was ist, sondern er kann ganz deutlich in sich spüren, wie alles miteinander vereint ist. Er vernimmt, wie alles zusammenhängt und wie aus dem Tod etwas Neues unwahrscheinlich Schönes entstehen kann. So nah, wie hier in dieser absoluten Stille und Ruhe, genau an diesem Platz, fühlt er sich noch nie dem Tod, ebenso wie er mit jedem Atemzug den er macht, immer mehr das Leben durch seinen Körper und jede einzelne Pore dessen, durchströmen spürt und in sich, bei sich immer mehr ankommt.
Ja, er ist am Leben.
Er ist in diesem Leben, zudem der Tod und das Leben ebenso zusammen gehören, wie die Liebe zum Leben, denn diese ist in ihm, während des Tages so sehr gewachsen, das sie all die erdrückende Leere, in einer gewaltigen unendlichen Kraft ausfüllt, das es ihm fast das Gefühl eines Tanzes oder des Fliegens in seine Seele legt, welches ihn unendlich mit Frieden, Liebe und Glückseligkeit erfüllt.


© by Emma Wolff (16.3.2012)







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