Sonntag, 15. November 2009

Tage am Meer

Sommer. Urlaub. Endlich ist die Zeit im Jahr, in der man sich einfach mal so treiben lassen kann. Das Leben einfach genießen. Einfach den Träumen hinterher sinnen und aus dem immer treibenden Alltag fliehen. So wie jedes Jahr werde ich auch diese Zeit wieder für mich nutzen und dahin ziehen wohin es mich ruft. Da ich die ganze Zeit dieses Antreiben spürte, war mein Ziel auch ein etwas abgelegenes kleines Häuschen am Meer. Mit einer sehr idyllischen Lage, nahe den Klippen, und weit um mich herum nichts. Nur ein Fahrrad sollte mir als Fortbewegungsmittel dienen, falls mich es mich dann doch mal weiter treiben sollte, als meine Füße es wollten. Doch zunächst möchte ich die Tage für mich alleine verbringen. Mit meiner Staffelei, meinen Schreibsachen, vielen Büchern und sonst nichts. Einfach mal nichts und niemanden sehen und nicht kommunizieren müssen. Einfach für mich sein. Ich stelle mir das so schön vor, da ich es auch schon sehr oft gemacht hatte, und es immer unbeschreiblich war, so abgeschieden, fern von aller Realität leben zu können. Einfach nur sein. Doch will es mir dieses Mal nicht so gelingen, denn mein gegenwärtige Leben mag nicht loslassen. Es verfolgt mich. Dabei wollte ich es doch so gerne, für eine Weile von mir streifen, wieder zu mir finden. Leider verfolgt es mich. Nimmt mir die Luft und vermittelt mir das Gefühl als wollte es mich erdrücken. So möchte ich so viele Dinge tun. Doch es hält mich zurück. Es treibt mich an wie eine Wildkatze, die ruhelos am suchen ist, doch gleichzeitig verharre ich starr. Obwohl ich mich in nördlicheren Gefilden befinde, wo das Wetter an sich immer etwas rauer ist, so ist es doch angenehm warm. So möchte ich gerne laufen. Doch nach ein paar Metern kehre ich um. Aber ich lasse mich nicht unterkriegen und tue das nächste was, mich an sich immer in eine wohlige Entspannung versetzt. In der Einsamkeit, in der Stille, in der Natur lesen. Es mag mir dennoch nicht gelingen. Schon nach der ersten Seite weiß ich nicht mehr was ich am Anfang gelesen habe. Die Gedanken kreisen zu sehr in meinem Kopf. So wirr das ich sie nicht in Worte fassen kann. In so einem Zustand der Wortlosigkeit sehe ich nur noch eine Möglichkeit, in das Chaos, welches ich als unerträglich empfinde, Ordnung zu bringen. Ich muss malen. Einfach alles raus. Doch alles was dabei entsteht möchte ich am liebsten zerreisen oder zerstören. Es ist so grauenvoll. Welches ich aber nicht tue. Vor ein paar Jahren habe ich mir einmal angewöhnt nichts mehr zu vernichten. Denn mit einer Zeit des Abstandes betrachtet, sieht immer alles anders aus, wie im Leben auch. Dann finde ich ist es genau so gelungen, wie ich es eigentlich haben wollte. Bilder müssen für mich nicht immer ästhetisch schön, und proportional korrekt sein, aber sie müssen etwas ausdrücken. Und nach einer späteren Betrachtung, muss ich dann immer dies Feststellen. Deshalb vernichte ich nichts mehr. Aber ich verstaue sie immer so sicher, dass ich gar nicht in die Versuchung kommen kann, es mir dennoch anders zu überlegen. So verbringe ich nun meine ersten Tage, in meinen Ferien, in der Einöde, immer getrieben von Gedanken die ich nicht greifen kann. Ich gebe den Kampf dagegen auf, da ich es einfach nur noch als anstrengend empfinde. Eigentlich möchte ich ja auch entspannen. Ja, ich lasse den Zustand zu. Sitze einfach nur an den Klippen und starre auf das offene Meer hinaus. Den ganzen Tag. Einfach nur da sitzen. So merke ich noch nicht einmal mehr wie die Zeit verstreicht und das der Abend schon längst begonnen hat. Die Sonne am Untergehen ist, und allmählich die Nacht über mich und das Land her rein bricht. Auch wenn ich nun doch wieder zurück ins Haus bin, weil es das Regnen begonnen hat. So kann ich meinen Blick nicht von diesem, sich ständig veränderten Meer lassen. Eine unerklärbare Sehnsucht, nach der Weite, nach der Ferne ergreift mich. Es löst Angst aus und den schmerzhaften Teil der Einsamkeit. So fühle ich mich so hilflos und allein. Als wenn da draußen jemand auf mich warten würde, bis ich endlich heraus komme. Als wenn sich in dem Ganzen, was uns umgibt, etwas ist, was mir genau das geben kann, nach dem ich immer und stets suche. Doch was ist es? Was suche ich? Denn eigentlich möchte ich doch nur den Alltag von mir schütteln, träumen und entspannen, sowie mit neuer Kraft und vielen neuen Ideen wieder nach Hause kommen. Doch es treibt mich immer wieder zum Fenster, welches die ganze Zeit offen stand. Eigentlich habe ich hier ein schönes nettes kleines Häuschen gefunden. Es hat den Charme eines Fischerhauses, schön mit einem alten Reeddach. Da es sich um eine Zeit der Besinnung handeln soll, verzichte ich auch auf jeden möglichen Luxus, da es alles nur nebensächlich wäre und von dem eigentlichen Vorhaben ablenken würde. Alles ist ganz einfach und rustikal eingerichtet, und beschränkt sich wirklich nur auf das Wesentlichste und Nötigste, welches man für so eine kurze Zeit bräuchte. Obwohl kann ich mir auch gut vorstellen kann, das ich es hier auch eine längere Zeit aushalten würde. Es hat seinen ganz eigenen Charme, Man könnte schon sagen, im Zusammenspiel mit der ganzen Umgebung in der es sich befindet, ich habe mich in dieses Haus verliebt. Sonst würde ich wahrscheinlich auch nicht jedes Jahr aufs Neue hierher kommen. Auch wenn diesmal alles anders ist, so fühle ich mich an sich sehr wohl. Aber die Sehnsucht lässt mich einfach nicht mehr los und das Einsamkeitsgefühl schmerzt auch immer mehr. Ich kann mir auch immer noch nicht erklären woran es liegt, und woher es kommt. So drehen sich die Gedanken immer mehr in meinem Kopf und lassen mir nun keine Ruhe mehr. Lassen mich im Haus, im dunkel herum wandeln. Nur ein Schimmer des Mondes, der über dem Meer schimmert, spendet einwenig Licht. Doch mehr brauche ich nicht. Auch hinaus möchte ich nicht, obwohl es eigentlich schon lange wieder aufgehört hatte zu Regnen. Nach einer Weile lasse ich mich dann einfach nur noch auf der Holzbank unter dem Fenster nieder, vor der ein großer massiver Holztisch sich befindet, und schaue sehnsüchtig hinaus in die Weite, die in der Nacht noch unendlicher erscheint, als es am Tage schon ist. Es bleibt mir in diesem Moment nichts anderes übrig als den Emotionen, die endlich an die Luft wollen, freien Lauf zu lassen und sie zu zulassen. Was mir aber die Möglichkeit und den Raum schafft, immer weiter in mich hinein zu gehen. Doch je mehr ich in mich hineingehe, desto weniger spüre ich, es ist eine Leere. Je weiter, je tiefer ich noch versuche in mich hinein zu gehen, mich zu ergründen, um so weniger ist zu spüren. Die Tränen sind langsam versiegt und ich werde ganz ruhig. Doch was ist passiert. Ich weis es nicht, ich habe keine Gedanken. Keine Gedanken die mir eine Erklärung geben könnten. Doch es fühlt sich gut an. So verweile ich da wo ich bin. So wie ich bin. In dem was ich bin und spüre nichts, auch wenn ich versuche immer weiter zu suchen. Ich komme nur tiefer, aber am Ende kommt nichts. Ein Gefühl der Erleichterung überfällt mich. Eine wohlige Wärme lässt das Frieren beenden. Nach und nach werde ich das Gefühl nicht los, das ich da angekommen bin, wenn auch auf eine andere Art und Weise, wo ich die ganze Zeit schon hin wollte, nämlich bei mir. Nicht nur irgendwie zur Ruhe gekommen bin, in dem was mich umgibt, sonder da angekommen bin wo der Ursprung des Ganzen ist. Das was in jedem von uns allen steckt. So ist es ein schmerzlicher Prozess, es zu zulassen, doch es ist der Teil der einen jeden Einzelnen von uns ausmacht. Am Ende sind wir alle gleich. Es sind nur die äußeren Einflüsse und die materiellen Dinge, die ein jeden dazu bringt zu dem zu werden, was er ist. Doch im Ursprung, wenn wir auf diese Welt kommen, sind wir alle gleich. Wir besitzen alle dieselben Fähigkeiten, nur jeder macht andere zu seinem Vorteil und zu seinem Nutzen. Nur in so einer Einheit funktioniert das Ganze was uns umgibt. Unser eigenes Sein, unser Leben auf dieser Welt, und ja auch das ganze Universum, welches aus kleinen vielen Teilchen besteht, aber auch nur so, in seiner Gesamtheit funktioniert, wie wir es kennen. Wenn ich das in diesen Dimensionen denke, dann ist jeder einzelne ein Nichts. Aber doch wieder ein wichtiger Bestandteil am Leben aller. Denn selbst das was wir unser Ego nennen, ist nur zu einem gewissen Teil gut, nämlich wenn es unsere Selbsterhaltung schützen soll Aber im Grunde stehen wir mit einem zu großen Ego, uns selber im Wege, um uns auf das wesentliche zu konzentrieren. Mit dieser Erkenntnis fühlte ich mich befreit von all meinen Lasten. Obwohl ich müde war, ließ ich mich von meinem Innersten leiten und wollte einfach nur noch raus und laufen. Raus und dem Sonnenaufgang entgegen, da der Morgen schon wieder dämmerte. So stand ich nun in der geöffneten Tür und verharrte für einen kleinen Augenblick. Schloss die Augen, und mit jedem Windzug, der frisch gewaschenen Luft, fühlte ich mich leichter. Ja. Ich fühlte mich frei. Als wenn mich etwas durch die Lüfte schweben lassen würde. Doch ich lief einfach los. Ohne die eigentlichen Schritte zu spüren. Durch die Morgendämmerung, immer weiter über die Felder, die sich auf der anderen Seite des Hauses befanden. Immer weiter dem Licht am Horizont entgegen. Über den Wiesen liegen noch leichte Nebelschwaden vom Regen, die ganz langsam nach oben steigen. Es ist eine Feuchtigkeit zu spüren, die ich in diesem Moment nicht als unangenehme empfinde. Selbst die milde Brise die von Meer herüber kommt, lässt mich nicht mehr frösteln. In weiter Ferne, vernehme ich schon das erste morgendliche Vogelzwitschern. Aber in so einer Klarheit, das ich stehen bleiben muss, um dem Klang in seiner Reinheit voll und ganz in mich aufnehmen zu können. So wurde mir wieder mal bewusst, wie selten man auf solche kleinen aber unbeschreiblichen Dinge wert legt. Sie der Alltag voll und ganz unter gehen lässt. Dabei ist es so etwas unbeschreiblich Schönes. Eine Melodie die schöner klingt als jeder Musik die ich bisher vernahm. So lasse ich mich weiter über die Felder treiben. Nur vereinzelt zieht ein Baum an mir vorbei. Ansonsten eine unendliche Weite, die mich in ihren Bann zieht und immer weiter kommen lässt. So berühren mit der Zeit die ersten Sonnenstrahlen des Tages, mich und die Gräser in ihrem Tau. Lässt ganz allmählich alles zum Leben erwachen. Alles was mich umgibt, bekommt einen wundervollen Duft, der durch den reinigenden Regen noch intensiver scheint. Wie betört laufe ich weiter über die Felder. Die Sonnenblumen leuchten schon jetzt in so einer Pracht, als wenn sie keine Sonne bräuchten um wachsen und blühen zu können. Doch sind es erst ein paar Strahlen, die immer kräftiger werden. Um die Nacht, und somit die Melancholie dieser, die Last der Seele hinter mir lässt, und mich spüren lassen, als wenn ich fliegen würde. Als würden sie mich immerweiter empor zu Himmel heben. Mir einen Weg zeigen würden. Welches sie ja auch tun. Raus aus der Dunkelheit. Hinein ist Licht. In das Licht, welches mir die wundervollen und faszinierenden Dinge zeigen möchte. Welche noch schöner und intensiver sind, als ich es jemals wahrnehmen konnte. So lasse ich mich weiter treiben, durch den ganzen Tag. Immer weiter immer ferner, immer heller, immer leuchtender und strahlender durchs Leben. Sie leuchtet tief in mich hinein. Öffnet das letzte Hindernis, was es noch zu überwinden galt. Um mir all das zu deuten, was in mir noch verborgen lag. Alles was mich belastet hat, zu einer Nebensächlichkeit werden lässt, jeden Schmerz in mir nimmt und aus der Leere eine unendliche Weite macht. Die Weite des Lebens, des Glücks, der Zufriedenheit und all der Schönheit des Lebens, die in mir steckt. Alles was mir begegnet, auch wenn es aus mir herauskommt, sauge ich regelrecht auf, um alles in meinem Herzen und in mir mitzunehmen. Irgendwann am Abend komme ich wieder in meinem Häuschen an. Überwältigt von der Erkenntnis und der Harmonie der Natur und dem Einklang mit mir selber, und verfalle in einen tiefen langen Schlaf. Bis zum nächsten Morgen, an dem die Leichtigkeit auch immer noch zu spüren ist. Ich mich auch die nächsten Tage, schwebend durch dieses Gefühl leiten lasse. Auch wenn die Tage am Meer in ihrer Traumhaftigkeit schon beendet sind, so hat mich das Gefühl nicht wieder verlassen. Ich lebe weiterhin in einer Entspanntheit, aus der es nur schwer ist, mich heraus zu bringen. Denn meine ganze Sichtweise hat sich verändert. So kommt nur temporär in sehr kurzen Phasen ein Unmut auf. Doch verfliegt er auch sofort wieder. Nur der Gedanke an diese Tage, lässt mich wieder in die wohlige inner Wärme verfallen. Die Freiheit und Leichtigkeit des Seins spüren. So sehr, das es aus mit heraus strahlt und jeden der mich umgibt, und sei es nur für einen ganz kleinen Moment, ein Stück der wohligen, geborgenen Leichtigkeit und Sonne abgibt. Ohne das ich das Gefühl habe, das mir wieder etwas davon verloren geht. Es mich noch lange begleiten wird und für immer bleibt. Um immer damit leben zu können. Doch werde ich es behüten, beschützen, hegen und pflegen, das es noch weiter in mir wachsen kann. Immer in mir bleiben kann. Egal wie schwer eine Zeit, oder schmerzlich eine Erfahrung werden wird. Das Lächeln, welches jetzt auch noch auf meinem Gesicht zu sehen ist, das strahlen der Augen stets ein Begleiter bleiben wird. Einfach bei mir bleiben und die Schönheit, den Reiz und dir Herausforderung des ganzen Seins, des Lebens leben. © by Emma (21.6.2009)

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