Sonntag, 15. November 2009

Das Winterlied

So gibt es immer wieder Dinge die wir tun oder lieben. Sachen, über die wir nicht bewusst nachdenken und einfach tun. Weil wir uns in ihnen Wohlfühlen oder sie uns unendlich gut tun. Auch in meinem Leben gibt es solche Dinge. Leider habe ich mich immer mehr, ohne das ich es wirklich wollte, einem Bild angepasst, welchen aber nicht meinem eigentlichen Sein entspricht. Zum Beispiel liebe ich den späten Herbst und den tiefen Winter. Ich liebte es stundenlang, schweigend, bei jedem Wetter, am liebsten in den eben besagten Jahreszeiten, durch die stellenweise karge Vorderrhön zu laufen. So wie ich auch schon sehr früh das Winterlied von Schubert liebte. ///Keine Blumen blühen, // nur das Wintergrün, // blickt durch die Silber Hüllen.// Nur das Fenster füllen, // Blumen, rot und weis, // aufgeblüht aus Eis. /// Ach kein Vogelsang, // tönt mit muntrem Klang, // nur Winterweise. // Nur die kleine Meise, // die am Fenster schwirrt, // und um Futter girrt. //// Schon als ich es beim ersten Mal hörte, war es für immer in meinem Herzen. In meiner Umgebung stieß ich mit diesen Eigenarten immer mehr auf Unverständnis. Es wäre alles so düster. Wie kann man nur so eine Einöde und so eine Kälte lieben? Wie kann man nur so ein trauriges Lied lieben? Doch ich selber empfand es nie als Öde, Trist und Traurig. Eine Erklärung dafür konnte ich nie finden. Eine wirkliche Suche strebte ich aber auch nie an. Es war für mich immer eine Tatsache, die einfach nur schön war und mir sehr gut tat. Um aber Diskussionen über solchen einen Zustand und die Anzweiflung meines Geistes zu entgehen, vermied ich es immer mehr zu erwähnen. Leider habe ich im Laufe der Jahre auch fast vergessen wie schön es wirklich ist. Außer ich war gerade mal in der Rhön zugegen. Das Lied sang ich auch höchstens noch in der Gesellschaft meiner Kinder, die dieses Lied zum Glück genauso schön finden. Aber wirklich habe ich nie über das ganze nachgedacht. Bis mir die Erklärung und die Antwort in den letzten Tagen, sehr unerwartet zugeflogen ist. Eine von der ich auch direkt beim erkennen sagen konnte ja das ist es. Was also ist am Herbst so schön? Jeder wird an den Oktober denken. An die vielen wunderschönen Farben, die in den vereinzelten letzten Sonnentagen richtig zur Geltung kommen. An Kastanien sammeln, und wenn er noch über ein kindliches Gemüt verfügt dann auch noch an das abgefallene Laub. Wie man es beim durchlaufen aufwirbelt. Oder wie man sich als Kind damit beworfen hat. Spontan würde mir auch noch die Hochsaison des Pilze Sammelns einfallen. Welches wir in der ehemaligen DDR auch nach Tschernobyl noch taten. Bis weit in den November hinein. Und damit begann meine eigentliche Leidenschaft. Selbst beim Regen, der mir nie etwas ausmachte. Doch geht man mit offenen Augen mal durch dieses gegebene Ganze, wird man eines erkennen. Die Natur, das Ganze erscheint in seinem eigentlichen Sein. So wie es eigentlich ist, ohne umschmückt oder beladen zu sein, von Grün, von Obst und Früchten. Alles ruht in sich. Ist Still und in keiner Weise erdrückend. Die Kälte lässt das Gesamte nur noch klarer erscheinen. Der Regen wirkt als würde er alles vom Staub und von der Last des schon vergangenen Jahres wegwaschen. So sind selbst solche Tage, wenn wir sie zulassen, eine Befreiung. Als würde wir in diesem Zustand auch unsere Lasten wegwaschen lassen. In unserem eigenen Sein ankommen. Uns wieder richtig spüren können. Da es Ende November in der Rhön schon sehr kalt ist. Gelegentlich auch schon Schnee liegt. Fällt der Übergang in den eigentlichen Winter gar nicht mehr auf. Die Luft wird wieder trocken und sehr klar. Die Sonne kommt auch schon wieder öfter zum Vorschein. Alles ist eisig und riecht nach Schnee, auch wenn er nicht zugegen ist. Noch offener und klarer kann sich das Ganze uns gar nicht präsentieren. Es hat von allem losgelassen und offenbart uns sein Innerstes. Leider kommen wir immer seltener in den Genuss von Schnee. Aber wenn wir ihn haben, ist es für mich das Vollkommene. Die Kälte lässt ihn Überfrieren. in der Sonne beginnt er zu glitzern und zu funkeln. Alles sieht so unschuldig und friedlich aus. So klar und weit, das selbst die Einöde und die Leere, die wir vorfinden, doch mit so unendlich viel ausgefüllt ist. Wenn wir dies wirklich sehen, können wir uns nur wirklich frei fühlen. Noch mehr, wenn wir so eine Einheit in uns fühlen und sehen. Sie lässt uns wach werden. Den Geist klar werden. Uns erfüllt fühlen, weil wir durch diese Offenheit das Sein erkannt haben, und jetzt all dies und die Liebe in unserem Herzen spüren. Deswegen liebe ich diese Zeiten im Jahr und dieses Lied. © by emma (21.8.2009)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen