Sie
liegt in ihrem Bett und ihr Blick ist aus dem Fenster gerichtet. Alles
erscheint ihr Trist und Leer. Sie kann sich nur dieser Gegebenheit ergeben.
Immer wieder verspürt sie den Drang, etwas anderes zu tun, doch die meiste Zeit
am Tage kann sie nichts anders machen, als in dieser Isolation zu liegen. Es
ist, als würde das Leben an ihr vorbei gelebt werden. Alles was geschieht,
geschieht irgendwo. Es ist ihr nur schwer möglich an den Ereignissen
teilzuhaben. So viele Gründe könnte sie nennen, aber vielleicht liegt es ja
auch an ihr, das sich die Menschen zurückziehen, nur weil sie Angst haben vor
diesem schmerzhaften Teil des Lebens? Nein ganz bestimmt nicht. Sie hat sich
das nicht ausgesucht.
Immer,
wenn sie ein wenig Kraft in ihren Gliedern verspürt, steht sie auf und schaut
aus dem Fenster. Alles erscheint in dem winterlichen Kleid, der tristen Farben,
die nur Grau und Braun übrig haben. Es ist, als würde alles noch in einem
tiefen Schlaf liegen, obgleich der Schnee schon geschmolzen ist. Spätestens
jetzt erkennt sie, dass das Leben nicht an ihr vorbei zieht, sondern, das sie
im Leben ist. Das sie das Leben ist. Sie sieht die Dinge wie sie sind. So zieht
sie sich in ihrer Einsamkeit wieder vom Licht zurück, um für sich zu sein.
Immer, wenn sie für sich ist, dann spürt sie, wie das Leben in all seinen
Facetten durch sie strömt. Das die Einsamkeit nicht so leer ist und das sie
mehr in sich trägt, als der äußere Schein es zu Tage bringen mag.
So
beginnt für sie ein neues tägliches Ritual, in dem sie zum Fenster geht und
beobachtet. Jeden Tag ein bisschen länger und ein bisschen mehr. Je mehr sie
einfach nur beobachtet, um so mehr trägt sie in sich das Gefühl, das sie immer
mehr erkennen kann. Jede noch so kleine Veränderung kann sie wahrnehmen und
saugt es regelrecht in sich auf. Nein, es ist nicht mehr so grau und nach und
nach bekommt alles seine Balance, denn sie nimmt wahr, das alles ganz langsam
immer weiter zum Leben erwacht.
Die
kleinste grüne Spitze am Boden, die immer länger werdenden Tage, die heller und
kräftiger scheinende Sonne, die sich ihren Weg bahnt, die kleinen feinen und
verschiedenen Nuancen des Himmels lernt sie zu unterscheiden und nimmt sie
immer bewusster wahr. Sie beobachtet Tag für Tag und kann es kaum erwarten bis
der Moment gekommen ist, wenn die ersten Spitzen der frühen Blüten über dem
Boden erscheinen, um zu beobachten wie sie erblühen und die Welt wieder mit
ihrer Farbenpracht berührt, verzaubert und alles erfüllt.
Die
große Leere und Weite der Natur, so wie die große leere und Einsamkeit in ihrem
Herzen mit Leben und Frieden erfüllt. Ja, sie lebt mit Haut und Haar. Sie lebt
und liebt, sich und das Leben.
© by Emma Wolff (15.3.2012)
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